„Antoine!”, brüllte ich in mein Handy und stampfte mit den Füßen. „Du stehst nicht vor der Redaktion!“ „Pardon, Miss, ich dachte Sie hätten erst um siebzehn Uhr aus. Ich werde sofort bei Ihnen sein!“
Verärgert stopfte ich das Handy in meine schwarze Tasche und verfluchte den Tag. Beruhig dich, Emma. Meine Wut auf meinen Chauffeur auszulassen ist auch keine brillante Idee. Ich schlenderte zu einer Bank, die vor der Redaktion stand und setzte mich hin. Die Sonne heizte die gesamte Stadt, die Luft drückte schwer auf den Lungen. Ich knöpfte meine Bluse ein wenig auf und schnappte nach Luft. Im Moment war mir das alles zu viel. Gedankenverloren strich ich meine Haare aus dem Nacken und legte meinen Kopf zurück. Der Himmel hatte eine wunderschöne blaue Farbe. Der Tag hätte eigentlich schön sein sollen. Ich wäre am Abend zur Party von Julie gegangen, wir hätten unseren Erfolg feiern können. Doch er hatte alles ruiniert. Mühsam verdrängte ich die Vorstellung, wie meine Eltern triumphieren würden und die Bestätigung hätten, was für eine unfähige 23-jährige ich sei.
Ich schloss die Augen, denn das grelle Licht der Sonne schmerzte allmählich. Eigentlich wollte ich nur entspannen, die schmerzlichen Gedanken und Vorahnungen verscheuchen und bloß… . Eine Hupe ließ mich aufschrecken, ich öffnete die Augen und sah Antoine, der mich nervös ansah. Seufzend rappelte ich mich auf und warf ihm einen herablassenden Blick zu. Auf irgendwen musste schließlich meine schlechte Laune abfärben. „Nach Hause, aber schnell.“ Er lächelte kurz. „Ja, Miss.“
Meine Villa stand im Arrondissement „Rive Droite“, wo viele andere auch ihren Platz hatten. Eigentlich war sie ja ein Geschenk von meinen Eltern. So wie alles andere in meinem Leben es auch war. Froh endlich meine goldene Villa zu sehen, hüpfte ich aus der Limousine und stürmte zu dem Tor, das sofort von einem Bodyguard aufgemacht wurde. Der Swimming Pool glitzerte im Schein der Sonne und hatte nahezu eine magische Anziehungskraft. Der Duft der Blumen, die in allen Farben angepflanzt waren, gab der Atmosphäre den Rest. Wo denkt man am besten über seine Probleme nach und flüchtet von dem Hitzeschock?
Ich war mir sofort sicher, wo ich die nächste Stunde sein würde und lief in die Villa.
„Guten Tag, Miss Lamour“, begrüßte mich die Haushälterin, die nur montags bei mir sauber machte. Meine Eltern wollten, dass sie die ganze Woche bei mir ist, doch ich hatte mich durchgesetzt und nur einen Wochentag erlaubt. Ich wollte selbstständig und erwachsen werden. „Warten Sie, warum..“, fing sie an doch ich unterbrach sie. „Keine Zeit“, rief ich knapp und rannte in mein Zimmer. Sie sagte noch etwas, doch ich hörte es nicht. Achtlos warf ich meine Tasche auf mein Bett und öffnete meinen Schrank. Ein hellgrüner Bikini mit einem Frosch darauf glänzte auf einem Haken. Ich schnappte ihn mir, schlüpfte binnen weniger Sekunden hinein und nahm mir ein weißes Handtuch.
So schnell wie ich hineingestürmt war, so schnell war ich wieder draußen und landete mit einem lauten Aufprall in das warme Wasser. Die Erfrischung tat mir gut, ließ mich für eine kurze Weile das hübsche Sümmchen vergessen, dass ich heute verloren hatte. Mein Pony klebte auf meiner Stirn, ich schloss die Augen. Doch schon tauchten Bilder von ihm auf. Wie er grinste über meinen Verlust und mit einem Glas Champagne seinen Sieg feierte. Sofort öffnete ich die Augen wieder. Er war so ein Biest. Was würde ich meinen Eltern sagen? Ich erinnerte mich an den Tag vor drei Jahr zurück, an dem ich mit meinen Eltern gestritten hatte.
„Emma, solange du unter unserem Dach lebst gelten unsere Regeln“, hatte Dad mit einer festen Stimme gesagt.
„Dann zieh ich eben aus.“
„ Ohne Arbeit wirst du nicht ausziehen.“
„Dann werde ich arbeiten!“, hatte ich selbstsicher verkündet, wobei meine braunen Augen funkelten.
Meine Mum schmunzelte.
„Wir bieten dir einen Deal an: Wir geben dir ein stattliches Sümmchen um dein eigenes Magazin zu gründen. Wenn du es schaffst, es so erfolgreich zu führen und uns das Geld wieder zurückzahlen kannst, dann bist du frei von unseren Regeln.“
Ich war 20, ich sollte schon frei sein. Doch ich wusste, dass ich ohne das Geld verloren war.
„Also gut, einverstanden. Wie viel?“
„60 Millionen Euro. In sieben Jahren wollen wir das wieder zurück haben.“
Und nun hatte ich die Hälfte schon verloren und nur mehr noch vier Jahre um das gut zu machen. Ich hätte wissen sollen, dass ich noch zu unerfahren war, um das zu schaffen. Doch ich hatte mich überschätzt. Mein innerhalb drei Jahren berühmt gewordenes Magazin „La Beauté“ war der wichtigste Konkurrent von „Cherié“, das schon seit vielen Jahren existierte.
„Emma.“
Ich sah auf und mein Gesicht hellte sich sofort auf.
„Maxime! Was machst du denn hier?“, rief ich und kletterte aus dem Pool. Die Sonne trocknete sofort das Wasser auf meiner Haut, sodass es nur noch feucht war. Er kam auf mich zu und drückte seine Lippen auf meine. „Anstatt zu jubeln, fragst du warum ich hier bin?“, meinte er lachend und strich mir über die Haare. Ein einfaches weißes Shirt mit einem V-Ausschnitt betonte seinen muskulösen Oberkörper.
Maxime war auch ein „Geschenk“ von meinen Eltern. Zuerst konnte ich ihn nicht ausstehen, musste aber trotzdem mit ihm ausgehen, weil meine Eltern einen guten Kontakt zu seinen Eltern knüpfen wollten. Anfangs ging ich kalt mit ihm um, und versuchte ihn auf irgendeine Art zu verscheuchen, doch er gab mich nie auf. Er war das beste Geschenk von meinen Eltern.
„Ich habe von Julie über deinen Verlust gehört. Es tut mir echt Leid, Emma.“ Er hob mein Kinn an und sah mir in die Augen. Seine Wärme umhüllte mich, ich fühlte mich etwas sicherer.
Anstatt irgendetwas zu erwidern, legte ich ihm die Hände in den Nacken und zog ihn zu mir herunter und küsste ihn innig. Er erwiderte den Kuss. Er wurde immer stürmischer, ich versuchte mich mit seinem Duft und Geschmack zu trösten.
„Miss Emma?“ Ich hörte die Stimme der Haushälterin neben mir, hörte aber nicht mit dem Kuss auf.
„Monsieur Eric Chirac ist eben angekommen.“
Sofort hörte ich auf, krallte meine Finger in Maximes Shirt und drehte den Kopf zur Seite. Mein Blick begegnete dem spöttischen Blick meines Konkurrenten.